Quo vadis Kirchenverwaltung?

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Grundsätze für die Gestaltung von Strukturen zur Verwaltung und Aufsicht der Gemeinden

Nicht allein die Pastoral wird von dem Wandel kirchlicher Strukturen erfasst. Dr. theol. Thomas Suermann de Nocker, Professor an der FOM-Hochschule für Ökonomie & Management, und Sandra Winter, geschäftsführende Partnerin der rosenbaum nagy unternehmensberatung GmbH, machen darauf aufmerksam, dass sich zurzeit auch die kirchliche Verwaltung immens verändert. Insbesondere an der Situation der vielen Pfarrern neuerdings zur Seite gestellten Verwaltungskräfte wird deutlich, dass es für umsichtige verwaltungstechnische Planung zuallererst einer klaren pastoralen Perspektive bedarf.

Während Veränderungen von pastoralen Strukturen in der katholischen Kirche seit Jahren einen großen Raum bei innerkirchlichen Diskussionen einnehmen, verändern sich fast unbemerkt auch die Anforderungen, die an die Verwaltung der Gemeinden gestellt werden, fundamental.

Damit in der Territorialseelsorge pastoral gewirkt werden kann, muss im Hintergrund viel Verwaltungsarbeit geleistet werden. Das fängt im Pfarrbüro an, geht über Verwaltungszentren bis hin zu einzelnen Abteilungen in den Generalvikariaten.

Die Verwaltungsstrukturen zu beschreiben sowie in zwölf Thesen Anforderungen an diese zu skizzieren und Lösungsansätze verschiedener Diözesen vorzustellen, ist Ziel des vorliegenden Artikels. Darüber hinaus sollen auch zwei Grundsätze formuliert werden, die bei der Gestaltung der Verwaltungsstrukturen zu beachten sind.

Die Verwaltung der Kirchengemeinden besteht immer aus drei Ebenen:

Die Gemeinde vor Ort

Erstens gibt es die Verwaltung in der Gemeinde, durch den Kirchenvorstand, das Pfarrsekretariat und ggfs. andere haupt- und nebenamtliche Verwaltungskräfte vor Ort. Einzupassen in diese Ebenen sind auch die Einrichtungsleitungen der gemeindlichen Kitas. Diese Verwaltungsebene erfährt momentan viele strukturelle Veränderungen.

Zum einen entstehen durch Fusionen von Gemeinden landauf, landab größere pastorale Räume mit anderen Gremien: Pfarrer und Kirchenvorstand müssen im Einzelfall die Verantwortung für bis zu zehn Kitas übernehmen. Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung gibt es in fast allen Diözesen Überlegungen, zusätzliche hauptamtliche Kräfte vor Ort einzusetzen. Dadurch muss das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure vor Ort neu aufeinander abgestimmt werden.

Zum anderen wird in etlichen Diözesen die Trägerschaft von Kitas zentral oder regional gebündelt, damit nehmen die Kirchenvorstände die Trägerverantwortung höchstens indirekt durch Beaufsichtigung der neuen Träger wahr. Bei den gewählten Rechtsformen ist zum Beispiel die gGmbH populär (Bistum Aachen, Paderborn, Trier), darüber hinaus hat man in Essen einen Kita-Zweckverband gegründet oder übergibt in München die Trägerschaft etlicher Kitas als „diözesane Kitas“ an das Ordinariat. In Wien sind 80 katholische Kitas in der St. Nikolausstiftung zusammengefasst. Die Verwaltung findet damit nicht mehr vor Ort statt, ähnlich wie bei katholischen Schulen, die im Allgemeinen in Bistums- oder Ordensträgerschaft stehen.

Die unterstützenden Verwaltungszentren

Aus der Erkenntnis, dass viele Verwaltungsdienstleistungen mit einer höheren Effizienz und Qualität erbracht werden können, wenn sie pfarrübergreifend erbracht werden, entstanden in vielen Diözesen Verwaltungszentren. Auch wenn die Bezeichnungen regional unterschiedlich sind (Rendanturen, Rentämter, Verrechnungsstellen, Verwaltungszentren, Aktuariate etc.), so erfüllen sie durch die Erbringung von operativer Verwaltungsunterstützung einen ähnlichen Zweck. Ihre Dienste liegen in einer regional unterschiedlichen Auswahl an folgenden Bereichen: die Erledigung der Buchhaltung, die Verwaltung des Personals der Gemeinden, die Unterstützung der Bauvorhaben, die Übernahme der Liegenschaftsverwaltung, die Verwaltung der Kitas oder sonstigen gemeindlichen Einrichtungen.

Die Trägerschaft der Verwaltungszentren kann entweder beim Generalvikariat oder bei einem Zusammenschluss von Gemeinden – zum Beispiel über einen Gemeindeverband – liegen. In Bayern gibt es traditionell keine Verwaltungszentren, sondern es übernehmen gemeinhin die bischöflichen Finanzkammern oder Verwaltungskräfte vor Ort in den Gemeinden die entsprechenden Tätigkeiten.

Die Aufsicht und Fachberatung im Generalvikariat

Das Generalvikariat übernimmt die Aufsicht über die Kirchengemeinden, auch wenn diese wie in Bayern als Stiftungen firmieren. Zum Beispiel müssen Jahresabschlüsse geprüft werden, Einstellungen und Bauvorhaben bedürfen einer Genehmigung.

Dazu erfolgt von dort aus eine Beratung, z. B. in baulichen, juristischen, finanziellen oder personalwirtschaftlichen Fachfragen. Bei Fachfragen im Kita-Bereich findet je nach Bistum eine Aufgabenteilung zwischen Generalvikariat und dem Diözesancaritasverband statt.

In unterschiedlichem Umfang erbringen die Generalvikariate auch Verwaltungsdienstleistungen, die gut gebündelt werden können, wie etwa die Personalbesoldung. Die Anstellung und Fortbildung der Seelsorger liegt in allen Diözesen beim Generalvikariat.

Die Gemeinden finanzieren sich hauptsächlich durch Zuweisungen des Generalvikariats, daneben durch Eigeneinnahmen, z. B. durch Vermietungen von Immobilien oder Spenden.

Zwölf Thesen der Veränderung

Veränderte Bedürfnisse und größere Pastoralstrukturen

Während in der Vergangenheit viele Pfarrgemeinden nur wenige Tausend Gläubige und meist nur einen Kirchort, eine Kita und ein Pfarrbüro hatten, hat sich diese Struktur in den letzten Jahren oft stark verändert. Unabhängig davon, ob Gemeinden fusioniert oder anders miteinander verbunden sind, steht ein Seelsorgeteam mehreren Kirchorten, Kitas und Pfarrbüros gegenüber. Das verlangt nach neuen Lösungen in der Binnenkoordination dieser Seelsorgeräume. Als Beispiel können hier zwei Entwicklungen aus dem Bistum Münster erwähnt werden. Alle Kitas in einer fusionierten Pfarrei werden von der gemeinsamen Verbundleitung betreut, die einrichtungsübergreifend Verwaltungsaufgaben übernimmt. Das Bistum verstärkt ebenfalls die Anstrengungen, die Zusammenarbeit der verschiedenen Pfarrbüros in einer Pfarrei zu professionalisieren und die Büroorganisation mit externer Hilfe zu verbessern.

Entlastung der Pfarrer von Verwaltungsaufgaben

Fast alle Diözesen entwickeln ein Modell, wie eine hauptamtliche Verwaltungskraft den leitenden Pfarrern zur Seite gestellt werden kann, um sie von den Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Auch wenn die Herausforderung in allen Diözesen gleich ist, zeigen sich ganz unterschiedliche Lösungsansätze. Das gilt erstens für die Anstellungsträgerschaft: Im Erzbistum Köln sind die neue eingeführten Verwaltungsleitungen wie die Seelsorger direkt im Generalvikariat, in der Hauptabteilung Seelsorge-Personal, angestellt. Im Bistum Limburg gehören die Verwaltungsnavigatoren einem der beiden Rentämter und damit dem Dezernat Finanzen an. Im Bistum Münster wird die Tätigkeit Verwaltungsreferent genannt, und Anstellungsträger ist die örtliche Rendantur.

Zweitens unterscheidet sich je nach Bistum das Tätigkeitsspektrum. Während im Erzbistum Köln eine der Hauptaufgaben in der Personalführung der Mitarbeiter der Gemeinden sowie in der Verwaltung der Kitas liegt, haben in manch anderen Bistümern – nicht nur in denen, die ihre Kitas in großen Trägern gebündelt haben – die Verwaltungskräfte vor Ort keine Aufgaben in dem Bereich. In Münster gibt es z. B. die erwähnten Verbundleitungen, in Limburg neben den Verwaltungsnavigatoren auch Kita-Navigatoren, und in Bamberg oder Regensburg sollen kirchenstiftungsübergreifend eigene Kita-Geschäftsführer eingestellt werden, wobei die Trägerschaft jeweils vor Ort bleibt.

Drittens unterscheiden sich auch die Anforderungen und damit die Vergütung. In Münster wird zum Beispiel die Qualifikation für den gehobenen Dienst vorausgesetzt (Entgeltgruppe 9), in Köln wird ein Studienabschluss vorausgesetzt (Entgeltgruppe 13) und in München mindestens ein Bachelor-Abschluss. Damit verbunden ist die Frage, wie die Entlastung aussehen soll: In Köln soll die Verwaltungsleitung – wie der Name auch sagt – Leitungs- und Managementaufgaben übernehmen. In anderen Diözesen, wo von einem Verwaltungshelfer gesprochen wird, sieht das Aufgabenportfolio entsprechend anders aus und ähnelt stärker dem des klassischen Rendanten.

Neben der Einstellung von Verwaltungsfachkräften gibt es noch weitere Schritte, um die leitenden Seelsorger zu entlasten. Als Beispiel sei hier das Regensburger Dienstleistungsmodell erwähnt, welches im März 2015 vorgestellt wurde und zwei Schwerpunkte hat. Zum einen wurde bistumsweit bis zu dem Zeitpunkt die Verwaltung von 80 der insgesamt 400 Kitas in Trägerschaft von Kirchenstiftungen und Diözesancaritasverband abgegeben, dafür wurden dort zehn Kita-Geschäftsführer angestellt. Die Letztverantwortung für die Einrichtungen bleibt aber in den Gemeinden. Die Abwicklung notwendiger Baumaßnahmen wurde zum anderen an das Katholische Bau- und Siedlungswerk übertragen. Dort findet die technische und kaufmännische Baubetreuung statt (Ausschreibungen, Angebotsauswertung, Koordination der Gewerke, Budgetkontrolle, Qualitätsüberprüfung und Abnahme).

Reaktion auf sinkende Finanzressourcen

Der automatische Reflex, sinkendes ehrenamtliches Engagement durch die Arbeit von Hauptamtlichen zu ersetzen, kann langfristig zu hohen finanziellen Belastungen führen, da immer weniger Kirchenmitglieder mit ihren Steuerzahlungen immer mehr Verwaltungsmitarbeiter finanzieren müssen. Daher muss bei der Veränderung von Verwaltungsstrukturen auf Kosteneffizienz geachtet werden. Abzusehen ist auch, dass die Verwaltungsaufwände mittelfristig sinken werden, weil die Anzahl an Gläubigen zurückgeht und viele Bistümer aktuell planen, auch den Gebäudebestand in den Gemeinden deutlich zu verringern.

Die Errichtung eines bistumsweiten Dienstleistungszentrums, in dem die Personal- und Finanzverwaltung sämtlicher Gemeinden erbracht wird, wie in Essen vor ein paar Jahren und in Hildesheim zum nächsten Jahr beschlossen wurde, ist auch unter diesem Anspruch zu sehen. Viele der dort erbrachten Leistungen (z. B. Buchhaltung) sind gut skalierbar und somit effizienter zu erbringen.

Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen

Bei aller Sorge um geringe Verwaltungskosten darf nicht aus dem Blick geraten, dass bei Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen immer ein ausgewogenes Maß an Rücksicht auf deren Bedürfnisse und Motivationen notwendig ist. Viele Ehrenamtliche sind gerne bereit, Zeit und Energie in die Anliegen zu stecken, die ihnen am Herzen liegen; aus Verantwortung wird Motivation geschöpft. In der Rolle als Befehlsempfänger oder in Positionen, wo keinerlei relevante Entscheidungen getroffen werden können, sinkt folglich die Motivation. In den Feldern der Kirchenverwaltung zeigt sich daneben aber auch der allgemein beobachtete Wandel in der Ehrenamtskultur. Während für bestimmte Aktionen oder Programme viele Menschen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit erklären, wird es schwieriger, Personen mit der Zusage für ein langfristiges Engagement zu finden, z. B. in einem Amt als Kirchenvorstand.

Wie ernst man Ehrenamtliche in der Kirchenverwaltung nehmen kann, zeigt sich z. B. bei den Verwaltungszentren im Bistum Aachen. Diese werden von Kirchengemeindeverbänden getragen, und in den zuständigen Verbandsausschüssen sind es vornehmlich ehrenamtliche Laien, die die Arbeit der Verwaltungszentren beaufsichtigen und steuern.

Wenn ehrenamtliche Gremienmitglieder oder Pfarrer eine Überlastung in Verwaltungsfragen anmerken, ist bei aller Wertschätzung ihres Engagement aber auch zu fragen, wo Strukturen der Verantwortlichkeit geändert werden können.

Wenn die Steuerung und Verwaltung der Kita vor Ort zu viel Arbeit macht und überfordert, kann unter Umständen der einzige Weg zur konsequenten Entlastung die Übertragung der Einrichtung an einen überpfarrlichen Träger sein. In den Aufsichtsgremien dieser Organisation kann dann Verantwortung für den Betrieb übernommen werden. Bei wirtschaftlichen Fragen mit großer Bedeutung – und dazu gehört z. B. das Management von Kitas – darf die Prämisse nicht darin liegen, möglichst viel Verantwortung in bestehenden Strukturen zu lassen, sondern es gilt, Lösungen für einen professionellen Betrieb unter Aufsicht der gewählten Verantwortungsträger in den Pfarreien zu finden.

Abzuwägen ist das Verhältnis von gewünschter Subsidiarität und notwendiger Effizienz. Auch wenn es viele Gegenbeispiele gibt, so stehen sich diese beiden Pole bei der Erbringung vieler Verwaltungsaufgaben, die für eine Kirchengemeinde erbracht werden müssen, gegenüber.

Neue technologische Möglichkeiten

Heute haben Kirchenvorstandsmitglieder über eine entsprechende Software oftmals die Möglichkeit, am heimischen PC jederzeit Einblick in die Buchhaltung der Kirchengemeinde zu nehmen. Gleichzeitig können per E-Mail in Sekundenschnelle Fotos von vermuteten Gebäudeschäden an die Bauabteilung geschickt werden, um einen fachlichen Rat einzuholen. Auch wenn Kommunikationsformen wie Videokonferenzen vielen Menschen heute noch etwas fremd sind, so werden diese in Zukunft mehr und mehr Einzug in den Alltag halten.

Es  gibt viele Beispiele, wie neue technische Möglichkeiten helfen, Distanzen zu überbrücken; all das hat auch Einfluss auf die geographische Verortung von Verwaltungseinheiten. Ganz nebenbei: Das gilt auch unter dem Stichwort „Home-Office“ für den Arbeitsort der Verwaltungsmitarbeiter.

Ansprüche an Transparenz und Planung

In den letzten Jahren sind mehr und mehr Bistümer dazu übergegangen, eine doppelte Buchführung anzuwenden. Die Umstellung der bisherigen Kameralistik bringt einen hohen Aufwand mit sich: Es findet nicht nur ein Buchhaltungswandel, sondern ein Kulturwandel statt. Dazu gehören auch die Weiterbildung der Mitarbeiter, die Umstellung der EDV-Systeme und die Neubeschreibung der bestehenden Prozesse. Die meisten Bistümer sind den Forderungen nachgekommen, die Höhe der Vermögenswerte des Bistums zu veröffentlichen, ähnliche Anfragen werden auch an Kirchengemeinden gestellt werden.

Höhere Ansprüche an die Kita-Steuerung

Fast alle Bundesländer haben über Änderungen ihrer Kita-Gesetze die Finanzierungsregeln angepasst. Die zur Verfügung gestellten Mittel richten sich streng nach der Anzahl der betreuten Kinder sowie dem Betreuungsumfang. Das führt dazu, dass eine Kita ihre Auslastung konstant hoch halten und wesentlich größere Aufmerksamkeit auf die Gruppenzusammensetzung legen muss, um ihr Personal refinanzieren zu können. Das macht die Kita-Bedarfsplanung zu einer wichtigen Aufgabe. Kitas benötigen eine intensive Steuerungsunterstützung.

Auch um eine Steuerung besser durchführen zu können, haben etliche Diözesen in den letzten Jahren ihre Kitas aus der Trägerschaft der Gemeinden in größere Trägerverbände übertragen, die als gGmbH oder als Zweckverband firmieren. Viele Diözesen wollen aus pastoralen Gründen die Kitas in der Trägerschaft der Gemeinden lassen. Um trotzdem die Steuerung und den Einfluss auf kommunaler Ebene zu verbessern, hat z. B. das Bistum Augsburg ein „Zentrum Kita“ in der Bischöflichen Finanzkammer eingerichtet, welches die Trägeraufgaben für die Gemeinden zentral wahrnimmt und von dort aus die Einrichtungen steuert.

Bistumsübergreifende Zusammenarbeit

Traditionell gibt es wenig Zusammenarbeit über Bistumsgrenzen hinweg, lange Zeit wurde hierfür auch keine Notwendigkeit gesehen. Dabei würden sich hier Einsparpotentiale sowie Lerneffekte ergeben, wenn nicht jeder das Rad neu erfindet. Warum kann ein Bistum nicht für die Nachbardiözese die Personalabrechnung oder Buchhaltung miterledigen?

Ein Beispiel für die bistumsübergreifende Kooperation ist die 1939 gegründete Pfründepachtstelle in Regensburg, eine Einrichtung der sieben bayerischen Diözesen, die als rechtlich unselbständige Dienststelle dem Generalvikariat in Regensburg eingegliedert ist.

Aufgabe dieser Stelle ist die Verwaltung des landwirtschaftlich genutzten kirchlichen Grundbesitzes in Bayern und die Zuständigkeit für die Pacht- und Erbbauzinserhebung mit Buchhaltung und Mahnwesen. Ein weiteres Beispiel ist das Kirchliche Rechenzentrum in Südwestdeutschland, welches als Stiftung von mehreren südwestdeutschen Diözesen und Landeskirchen gegründet wurde.

In anderen Bereichen der Kirche ist man in Fragen der Zusammenarbeit weiter. Viele Bistümer kooperieren bei der Ausbildung oder den Kirchengerichten: Die Osnabrücker Seminaristen studieren in Münster, dort findet auch die Ausbildung der ständigen Diakone statt. Zusammen mit Hamburg hat Osnabrück ein interdiözesanes Kirchengericht, in Erfurt ist das interdiözesane Kirchengericht auch für die Bistümer Dresden-Meißen, Magdeburg und Görlitz zuständig. Das Offizialat des Erzbistums Köln hat seit 2009 eine Außenstelle in Essen, im Ruhrbistum gibt es kein selbständiges Kirchengericht mehr.

Vernetzung zwischen den Bistümern und Landeskirchen

Die Verwaltungsspitzen der deutschen Diözesen treffen sich regelmäßig, es gibt Austauschforen für Generalvikare, Finanzdirektoren und andere Verantwortungsträger in der obersten Ebene der Generalvikariate. Über bundesweite Vernetzungstreffen der mittleren Leitungsebene in den Kirchenverwaltungen ist nichts bekannt, dabei würden gerade diese Personengruppen von einem Erfahrungs- und Ideenaustausch besonders profitieren. Und neben unzähligen pastoralen Kongressen und Tagungen in Deutschland ist der KVI-Kongress die einzige Veranstaltung, die sich explizit an Führungskräfte in kirchlichen Verwaltungen richtet.

Hindernis für einen fruchtbaren Austausch ist manchmal ein gewisses Konkurrenzgefühl und ein Gefühl von Eigensinn unter den Diözesen. Da lässt man sich ungern in die Karten schauen, übernimmt ungern woanders entwickelte Ideen und arbeitet lieber für sich selbst.

Selbstverpflichtungen der Kirche

Die deutschen Bischöfe haben sich dazu verpflichtet, mittelfristig 30 % der kirchlichen Leitungspositionen mit Frauen zu besetzen. Ein Blick in die Organisationseinheiten, die die Verwaltung der Gemeinden sicherstellen, offenbart, dass hier noch Entwicklungsbedarf besteht und bei Fragen der Personalentwicklung mitberücksichtigt werden muss. Die aktuelle Umweltenzyklika des Papstes unterstreicht daneben, wie wichtig der katholischen Kirche der pflegliche Umgang mit Ressourcen sein soll.

Ein Beispiel, wie dies umgesetzt werden kann, ist das Projekt „elektrisch mobil“ der Erzdiözese Freiburg, welches kürzlich mit dem KVI-Innovationspreis ausgezeichnet worden ist. Hier wird der flächendeckende Einsatz von Elektrofahrzeugen erprobt.

Verknüpfung von Verwaltungs- und Pastoralverantwortung

Gemeinhin wird der Pfarrsekretärin eine hohe seelsorgerische Verantwortung zugeschrieben. Sie ist de facto erste Ansprechpartnerin bei der Anmeldung einer Taufe, einer Beerdigung oder einer Trauung. Ähnliches gilt auch für andere Verwaltungskräfte, die viel Kontakt zu den Gläubigen haben. In einer Institution wie einem katholischen Bistum, wo mit dem Generalvikar der oberste Verwaltungschef zwangsläufig auch Priester sein muss, verwundert das nicht.

Ein Beispiel dafür ist der Verwaltungsleiter André Martin aus dem Erzbistum Berlin, der in einem Interview bekundet: „Ich sehe mich auch als Teil des Pastoralteams […] Ich sehe mich als Akteur, der dazu beiträgt, dass wir die Kirche zukunftsfähig machen, dass wir unseren Auftrag, für die Menschen in unserer Gemeinde da zu sein, erfüllen können.“

Verwaltung als Management

Mit dem geflügelten Wort „von der Volkskirche zur Kirche im Volk“ wird der Positionswechsel der Kirche beschrieben. Das impliziert einen bedeutsamen Wechsel: Man ist nun eine Institution mit Konkurrenz, Gläubige entscheiden sich bei Missfallen, die Kirche zu verlassen, bei vielen Dienstleistungen steht die Kirche in direkter Konkurrenz mit anderen Anbietern, Ressourcen sind begrenzt. „Glauben sie nicht, dass die Konstantinische Ära der Kirche vor unseren Augen zu Ende geht?“, so zitiert Paul M. Zulehner den ehemaligen Wiener Erzbischof Kardinal König.

Die starken Gemeinsamkeiten, die die kirchliche Verwaltung im Selbstverständnis mit der staatlichen Verwaltung hatte, werden geringer.

Das Sich-Wiederfinden in einem Umfeld, wo Menschen am Markt der Möglichkeiten wählen, führt dazu, dass mehr und mehr Gemeinsamkeiten mit dem Non-Profit-Management und damit auch neue Managementinstrumente entdeckt und eingesetzt werden, die eigentlich in klassischen Wirtschaftsunternehmen entwickelt werden: Aus der klassischen Verwaltung wird ein Management.

Das Controlling wird ausgebaut, Risikomanagementsysteme werden eingeführt, die Buchhaltungssystematik wird verändert und Begriffe aus dem Marketing halten Einzug etc.

Ideologische Vorbehalte, mit Controlling und Doppik ziehe der Turbokapitalismus in kirchliche Gemäuer ein, werden pragmatisch durch die Tatsache entkräftet, dass heute die Kirche in Bezug auf ihre begrenzten Ressourcen keine Kuh ist, die im Himmel fressen und auf Erden gemolken werden kann.

Mit dem Verständnis von Management kommt auch der Anspruch, Dienstleister zu sein. Verwaltung ist kein Selbstzweck, sondern ein Dienst, der für die Pastoral erbracht wird. Hier Parallelen zu einer Kundenbeziehung zu sehen, ist nicht falsch.

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Zwei Konsequenzen für die Gestaltung von kirchlichen Verwaltungsstrukturen

Aus den formulierten Anforderungen an die kirchliche Verwaltung lassen sich zwei Grundsätze für die Gestaltung und Veränderung von Strukturen ableiten, um nachhaltig und erfolgreich die Seelsorge zu unterstützen.

Strukturen bereitstellen

Verwaltung im kirchlichen Raum kennt viele Gruppen von Beteiligten: Ehrenamtliche und Hauptamtliche, Seelsorger und Verwaltungsfachleute, Personen in den Gemeinden und in den zentralen Verwaltungseinheiten. So unpopulär standardisierte Prozesse und Aufgabenbeschreibungen für die Akteure sein mögen, so notwendig sind sie doch.

Eine transparente und einheitliche Abwicklung von Aufgaben führt zu Handlungssicherheit für alle Beteiligten und damit zu erhöhter Qualität und Geschwindigkeit der Aufgabenerledigung. Eines gilt für das Zusammenspiel der einzelnen Einheiten in der Verwaltung der Gemeinden: Wer eine hohe Dienstleistungsqualität mit Effizienz verbinden möchte, kommt um die konsequente Definition und Umsetzung von Standards sowie die klare Beschreibung von Prozessen nicht herum.

Selbstverständlich können Verwaltungsvorgaben auch einschränkend sein: wenn auf Sonderwünsche keine Rücksicht genommen werden kann, weil sie den Gesamtbetrieb zu bremsen drohen; oder wenn „freihändig“ Probleme „auf dem kurzen Dienstweg“ viel schneller gelöst werden könnten.

Dennoch lässt sich bei genauerem Hinsehen erkennen, dass diese Einschränkungen oft unvermeidbar sind und Kritik diesbezüglich nicht selten mit einem grundsätzlichen Unbehagen gegenüber Verwaltung an sich verbunden ist.

In anderen Fällen liegen die Gründe für die Kritik an Verwaltungsvorgaben in der Verwaltung selbst: Benutzerunfreundliche IT-Lösungen sorgen für Frust, die Erhebung von unnötigen Informationen sorgt für Zusatzarbeit. Medienbrüche und Parallelsysteme sorgen für aufwändige Verarbeitungsschritte und Doppelarbeiten, zu viele Schnittstellen verlangsamen die Bearbeitung von Anliegen.

Hier kann eine Analyse und Neubeschreibung des Gesamtprozesses hilfreich sein. Konsequenz kann sein, den gesamten Aufgabenschritt neu zu gestalten. Ein Beispiel kann das Zuschusswesen sein, die Zuteilung von Finanzressourcen vom Generalvikariat an die Kirchengemeinden aus den Kirchensteuermitteln. Es gibt Bistümer, in denen die Zuteilungsschlüssel auf einer Vielzahl von bedarfsorientierten und aufwandsbezogenen Kennzahlen basieren, die aufwändig erhoben und berechnet werden müssen: Da spielen bezugsgrößenorientiert die Anzahl der Ministranten oder die Anzahl der Kasualien genauso eine Rolle wie Pauschalen für Kirchenmusiker. Daneben gelten noch lange Kataloge von Kostenarten, die zu bestimmten Prozentsätzen erstattet werden. Das hehre Ziel, Kirchengemeinden anreizorientiert und fair zu behandeln, wird aber durch die aufwändige Berechnung von zum Teil nicht relevanten Daten überschattet. Auch führen bestehende Verteilungsschlüssel bisweilen zu Fehlanreizen, die in Widerspruch zu wirtschaftlichem Handeln stehen. Hier ist oftmals die einzige Lösung, eine Zuschusssystematik grundsätzlich neu aufzustellen.

Wie wichtig klare Standards und Richtlinien sind, kann am Beispiel der Einführung von Verwaltungsfachkräften zur Entlastung der Pfarrer beobachtet werden. Es gibt überall Stimmen, die sagen: „Lasst uns jetzt einfach Personen in den Gemeinden einstellen, vor Ort sollen die sich dann bei den Aufgaben einbringen, wo eben Bedarf ist.“

Der Ansatz ist sympathisch, wirft aber Fragen auf: Wie verändern sich jetzt die Aufgaben der anderen Akteure, z. B. in den Verwaltungszentren? Werden plötzlich Ehrenamtliche nicht nur entlastetet, sondern auch entmachtet? Was ist, wenn der Mitarbeiter trotz hoher Qualifikation nur einfache Verwaltungsaufgaben bekommt, weil Delegation doch nicht die Stärke seines Pfarrers ist? Was passiert, wenn der Pfarrer und sein Mitarbeiter nicht miteinander zurechtkommen – wer geht dann?

Schnell lässt sich erkennen, dass die Etablierung eines neuen Berufsbildes in der Gemeinde ein nicht unerhebliches Maß an Planung, Vorbereitung und Konsequenz bei der Umsetzung erfordert. Das kostet gewiss Zeit und Energie, aber schafft verlässliche und belastbare Strukturen.

Dialog mit der Pastoral

Der Grundsatz „Verwaltung folgt Pastoral“ kann nur funktionieren, wenn die Pastoral auch weiß, wo sie hin will und wie die Verwaltung folgen kann. Die Entwicklungen in der Pastoral und der Rolle der Kirche vollziehen sich momentan mit einer nie gekannten Geschwindigkeit und Radikalität. Die weltliche Seite der kirchlichen Organisationsstruktur wird sich infolgedessen tiefgreifend ändern. Wenn vielerorts von einem Ende der „Versorgungskirche“ gesprochen wird, so ist dieses nicht nur ausschließlich seelsorgerisch gemeint, sondern führt zu grundsätzlichen Rollen- und Strukturveränderungen.

Zuweilen befinden sich manche Verantwortungsträger in einer „Schockstarre“ und hoffen – frei nach einem Bischof Dyba zugeschriebenen Zitat –, die Krise „durchzubeten“. Das notwendige spirituelle Durchdenken der Wege, auf denen die Nachfolge Christi erfolgen kann, bedarf seiner Zeit und verhindert Aktionismus, muss aber dennoch zu einer Entscheidung kommen, die den anderen in der kirchlichen Gemeinschaft Orientierung bietet.

Bei einer entscheidungsschwachen Leitung tritt kirchliche Verwaltung auf der Stelle.

Was passiert, wenn die Pastoral nicht weiß, wie sie sich entwickeln wird, und die Verwaltung sich nicht auf zukünftige Aufgabenänderungen einstellen kann? Wie soll eine einrichtungsübergreifende Kita-Verwaltungsstruktur aufgebaut werden, wenn niemand weiß, wie viele Kitas langfristig noch in kirchlicher Trägerschaft sein werden? Von wie vielen Gebäuden eine Diözese sich mittelfristig trennen will, ist z. B. von großer Bedeutung für die Stellenbesetzung in der Bauverwaltung.

Für die Verwaltung erwächst daraus der Anspruch, eine an zukünftige Entwicklungen anpassungsfähige Organisationsstruktur aufzubauen, die der pastoralen Grundausrichtung nicht zuwiderläuft. Diese muss so beweglich sein, dass sie pastoralen Richtungsentscheiden folgen und dann veränderte Aufgaben wahrnehmen kann.

Den mittelfristigen Prognosen bezüglich Katholikenzahlen, Gottesdienstbesuchern und Kirchensteueraufkommen zufolge ist diese Anpassungsfähigkeit vor allem nach unten notwendig. Wie zukunftsfähig sind kleinteilige Strukturen, wenn Aufwände in den nächsten Jahren deutlich sinken werden? Wie viele Verwaltungsmitarbeiter stelle ich heute ein, wenn mittelfristig eindeutig weniger zu verwalten sein wird?

Wenn sich Verwaltung stärker als Management versteht, dann ist damit auch eine Gestaltungsaufgabe verbunden.

Obwohl kirchliche Verwaltung immer eine dienende Funktion für die Seelsorge behält, so liegt ihre Aufgabe doch auch in der aktiven Steuerungsunterstützung.

Das lässt sich am Beispiel begrenzter Finanzressourcen aufzeigen: Hier ist es die Aufgabe der Verwaltung, eine übergreifende Transparenz zu schaffen, wie viele Ressourcen einzelne kirchliche Aufgabenfelder in Anspruch nehmen und welche Konsequenzen das Engagement mit sich bringt. Wie teuer ist ein Kitaplatz? Insgesamt, inklusive aller Verwaltungs-, Gebäude(‑opportunitäts‑)kosten?

Welche Verwaltungsaufwände sind mit der Entscheidung verbunden, ein bestimmtes Trägermodell zu wählen? Welche Risiken verbergen sich hinter dem Betrieb konfessioneller Krankenhäuser?

Diese Impulse sind wichtig für pastorale Entscheidungen, und die Verwaltung muss in der Lage sein, diese geben zu können.

Zweifelsohne bedürfen die zentralen Fragen der Kirche theologischer Antworten:

Die Kirche ist zwar auch eine Nonprofit-Organisation, aber ihrem Wesenskern und Auftrag nach viel mehr als das.

In der konkreten Ausgestaltung und Koordination der Dienste in einem Bistum wäre es aber töricht, sich nur auf Impulse aus der Theologie zu verlassen und anderen Wissenschaften, wie z. B. auch der Management- und Verwaltungswissenschaft, nicht zuzugestehen, dass sie auch wichtige Impulse liefern können. Um Menschen zu erreichen, ist das sogar zwingend notwendig.

Suermann2

Aus: KVI im Dialog 3/2015, 19–28.